Die brandenburgische Zeit

Die Familie gründet sich auf Paulus Praetorius oder Schultheiß (1521-1565) als ihrem Stammvater, der mit kaiserlicher Bestätigung im Jahre 1562 Samuel Schmidt adoptierte, Sohn eines früh verstorbenen Studienfreundes und Lutherschülers, des späteren evangelischen Pastors zu St. Nicolai in Potsdam, Sebastian Faber (Schmidt). Paulus Praetorius übertrug seinem Adoptivsohn Samuel das als Zeichen seiner Nobilität von Kaiser Ferdinand I. verliehene adlige Wappen. Das Dokument dieser Bestätigung wird im österreichischen Staatsarchiv in Wien verwahrt. Durch alle Generationen blieb die Familie ihren Stammvätern Paulus und Samuel Praetorius in Respekt verbunden.

Paulus Praetorius (1521-1565) (von Martin Seidel)

Paulus Praetorius wurde im brandenburgischen Bernau bei Berlin als Sohn eines Brauers und Enkelsohn des Bürgermeisters geboren. Nach dem Studium an der Universität Frankfurt/Oder, der Viadrina, wurde er zum Rektor der Schule in Bernau berufen. Kurfürst Joachim II. betraute ihn mit der Erziehung seiner jüngeren Söhne. Dem mit jungen Jahren zum Erzbischof von Magdeburg und Administrator des Bistums Halberstadt bestimmte Kurprinz Friedrich von Brandenburg wurde Paulus Praetorius als Ratgeber zur Seite gestellt. Als der Kurprinz im Alter von 22 Jahren starb, folgte ihm im Amt sein jüngerer Halbbruder Sigismund von Brandenburg, dessen Ratgeber Paulus Praetorius bei der Verwaltung der Bistümer und Vertreter in diplomatischen Missionen wurde. Paulus Praetorius unterstützte so z.B. die Bemühungen des Hallenser Rates, im ehemaligen Barfüßerkloster nach dem Leitbild Luthers ein Gymnasium zu errichten. Paulus Praetorius stand bedeutenden Persönlichkeiten seiner Zeit nahe, so z.B. dem Reformator Philipp Melanchthon. Die Korrespondenz mit ihm hat sich erhalten. Er verfasste Geschichtswerke, die in Frankfurt/O. gedruckt wurden. Mit Kurprinz Sigismund ließ er vom Bildhauer und Medailleur Hans Schenck oder Scheußlich, im Dom zu Halberstadt ein Grabmal im Renaissancestil errichten, das als Hauptwerk von Schenck gilt. Zu den sichtbaren Spuren, die Paulus Praetorius hinterließ, gehören auch sein noch zu Lebzeiten von Schenck gestaltetes Sandsteinepitaph in der Nikolaikirche zu Berlin und ein von ihm zum Gedenken an seine Eltern gestiftetes Ölbild in der gotischen St. Marienkirche zu Bernau, das als Auferstehungsbild Christus als Besieger des Todes in den Mittelpunkt stellt und dem Hofmaler Michel Ribestein zugeschrieben wird.

Schultheißepitaph in St. Marien zu Bernau (Ribestein)

Er gab verschiedene Bildnisse in Auftrag, so ein wahrscheinlich von Schenck gefertigtes Medaillon sowie seine erst vor wenigen Jahren restaurierte Ruhestätte auf dem Halleschen Stadtgottesacker, die als einzigartige Friedhofsanlage der deutschen Renaissance angesehen wird. Mit seinem Testament begründete der zu Wohlstand gelangte Paulus Praetorius eine Studienstiftung zugunsten  mittelloser begabter Kinder seiner Heimatstadt, die erst in der Inflation des 20. Jahrhunderts unterging. Die Quellenlage zu Paulus Praetorius hat sich seit der Wiedervereinigung wesentlich ausgeweitet. Das Gymnasium seiner Heimatstadt Bernau trägt seit 1995 als Paulus-Praetorius-Gymnasium seinen Namen.

Der Adoptivsohn Samuel Praetorius (1543-1605) widmete sich an der Universität Wittenberg und an der Viadrina dem Studium der Rechte, wo er als Dekan und Syndikus die juristische Fakultät betreute und zuletzt als Ratsherr, Stadtrichter und Bürgermeister tätig war.

Sein Sohn Tobias Praetorius (1576-1644) studierte ebenfalls an der Viadrina die Rechte. Entscheidend für den Fortgang seines Lebens und der damit verbundenen Zukunft der Gesamtfamilie war seine Bekanntschaft mit Christoph v. Schaffgotsch, Besitzer großer Ländereien am Riesengebirge in Schlesien. Als dieser 1601 jung verstarb, hinterließ er den erst 6-jährigen Sohn Hans Ulrich v. Schaffgotsch, für den Tobias Praetorius als Erzieher bestellt wurde. Tobias heiratete in die schlesische Familie Böhm v. Böhmfeld ein und wurde von seinem Zögling später zum Amthauptmann von Schmiedeberg als Güterverwalter berufen. In dieser Funktion dürfte bei dem Sprössling einer akademischen Familie das nachhaltige Interesse an einem eigenen Landbesitz gewachsen sein. Hans Ulrich v. Schaffgotsch avancierte im Dreißigjährigen Krieg, obwohl evangelischen Bekenntnisses, zum General der habsburgischen Monarchie. Dabei wurde er von Tobias Praetorius bei der Gestellung einer eigenen Truppe mit hohen, auf Gütern der Schaffgotsch hypothekarisch gesicherten Darlehn gestützt. Die Verbindung von Hans Ulrich v. Schaffgotsch zu General Wallenstein führte nach dessen Sturz und Ermordung zu seiner Hinrichtung. Aus der Neuordnung des Vermögens der Familie Schaffgotsch gelang es Tobias später, nicht zuletzt durch seine auf ihrem Besitz ruhenden eigenen Hypotheken, Grundbesitz zu erwerben. Dieser Grundbesitz sollte zur Voraussetzung für die Aufnahme der nächsten Generation  in den böhmischen Ritterstand werden, die wiederum zur nachhaltigen Sicherung des Familienvermögens geboten war.